Die Psychosoziale Notversorgung des BRK Dachau: Auch in der Pandemie Erste Hilfe für die Seele. Verstärkung durch neue Kolleginnen und Kollegen.

Was beudeutet PSNV?

Die Psychosoziale Notversorgung (PSNV) des BRK Dachau betreut Menschen, die nach einem Notfallereignis unter einer starken seelischen Belastung stehen oder sich in einer psychischen Schocksituation befinden.

Sie wurde 2012 ins Leben gerufen, um die bis dahin allein agierende Notfallseelsorge (NFS) unter der Leitung von Diakon Albert Wenning zu unterstützen. Im Jahr 2020 wurden von der PSNV und der Notfallseelsorge insgesamt 157 Personen in psychischen Krisensituationen betreut.

Psychosoziale Notversorgung in Corona-Zeiten

Corona hat die Statistik der Einsätze bisher zwar nicht verändert, berichtet Teamleiter Günther Ries. „Aber die Vereinsamung in der Bevölkerung nimmt zu und auch die Stimmung wird immer depressiver und mitunter auch aggressiver“, berichtet er. Günther Ries engagiert sich bereits seit 50 Jahren beim BRK Dachau. Corona habe schon einiges verändert, sagt er. Laura Diepold schätzt seine große Erfahrung. Die Dachauer Unternehmerin engagiert sich seit fünf Jahren im Kriseninterventionsteam (KIT) der Psychosozialen Notversorgung. Sie möchte Menschen in Not beistehen. Durch die Pandemie haben sich für das Kriseninterventionsteam die Rahmenbedingungen erschwert. Maske tragen und Abstand halten schafft gerade da, wo es auf menschliche Nähe ankommt, Distanz. „Einem betroffenen Hinterbliebenen Trost zu spenden, ihm die Hand zu halten, hilft oft sehr, aber das dürfen wir jetzt nicht mehr“, erläutert Laura Diepold.

Das Kriseninterventionsteam (KIT) ist nur am Wochenende im Einsatz und arbeitet ausschließlich ehrenamtlich. In einem Notfall wird es von der Leitstelle benachrichtigt. Teamleiter Günther Ries berichtet: „Oft kommen wir nach einem Unfall, einem Suizid oder Todesfall zu den Hinterbliebenen und stehen ihnen in den ersten Stunden bei.“ Für die fachliche Leitung konnte Chefarzt Dr. Max Rist gewonnen werden.

Neue Helferinnen und Helfer 

Nachdem sich die PSNV einer befreundeten Hilfsorganisation 2019 aufgelöst hat, sind die Mitglieder zum BRK gewechselt. Damit hat das BRK-KIT derzeit 15 ehrenamtliche ausgebildete Helferinnen und Helfer. Über die Verstärkung sind Günther Ries und Laura Diepold sehr froh. Sie benötigten dringend personellen Zuwachs, denn mit zuletzt vier Helfern waren die Wochenend-Dienste ohne Doppelschichten nicht mehr abzudecken. „Wir haben die Neuen sehr gerne und dankbar aufgenommen, wir brauchen sie“, berichtet Laura Diepold. Acht ausgebildete neue Mitglieder sind dazu gekommen, drei weitere befinden sich in der Hospitationsphase. Darüber freut sich auch der BRK-Kreisvorsitzende Bernhard Seidenath: „Es ist wichtig, speziell ausgebildete Mitarbeiter zu haben, die sich qualifiziert um Menschen in akuter seelischer Not kümmern. Nicht nur bei körperlichen Verletzungen brauchen die Menschen Hilfe, sondern auch bei seelischen Krisen. Gerade in diesen belastenden Zeiten.“

Eine neue Kollegin ist Monika Stifter. Sie lebt in Ampermoching und engagiert sich seit 2017 in der Krisenintervention. Wie die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leistet sie neben ihrer Berufstätigkeit psychisch traumatisierten Mitmenschen ehrenamtlich „seelische Erste Hilfe“.

Die Einsätze des KIT´s

Im Jahr 2020 hat das KIT des BRK Dachau an Wochenenden und Feiertagen rund 7.000 ehrenamtliche Stunden geleistet. In 52 Einsätzen wurden 157 Betroffene betreut. Es arbeitet komplett unentgeltlich und ist auf Spenden angewiesen. Die Nothelfer fahren immer zu zweit zum Einsatzort. Wenn Polizei und Rettungskräfte weg sind und sich die erste Aufregung gelegt hat, sind die Betroffenen in ihrer Akutsituation auf sich allein gestellt. Dann sind die KIT-Mitarbeiter im Gespräch weiterhin für sie da.

„Kein Fall ist wie der andere. Jeder Mensch reagiert auf ein belastendes Ereignis unterschiedlich stark. Wir bringen Struktur in die ersten kritischen Stunden“, berichtet Laura Diepold. Gerade bei einem Suizid im eigenen Haus ist ein erster Beistand besonders wichtig. „Das Abschiednehmen ist von großer Bedeutung. Wenn möglich stellen wir ein Bild auf und zünden eine Kerze für den Verstorbenen an. Das hilft den Hinterbliebenen“, so Laura Diepold. Sie bedauert, dass die Kontaktregeln die Betreuung teilweise sehr erschweren. „Die Herzlichkeit fehlt“, sagt sie. Auch der Austausch im Team der PSNV ist derzeit nicht möglich. Die monatlichen Gruppentreffen können wegen Corona nicht stattfinden. Auch Fortbildungen und die Supervision, um mit der eigenen seelischen Belastung umzugehen, finden derzeit nicht statt. Monika Stifter findet es schade, dass sich das neue Team bisher kaum kennenlernen konnte.

Trotzdem versuchen die KIT-ler alles, um ihren Mitmenschen in seelischer Not beizustehen, auch anderen BRK-Kolleginnen und Kollegen. „Das KIT ist auch für alle Mitarbeitenden im BRK da, zum Beispiel für Kollegen, die nach einem belastenden Rettungseinsatz ein psychisches Trauma haben“, erläutert Günther Ries.

von li nach re: Monika Stifter, Günther Ries und Laura Diepold.