Dachau – Wenn Menschen nach einem Notfallereignis unter einer starken seelischen Belastung stehen, wenn Polizei und andere Rettungskräfte den Einsatzort verlassen haben, hilft die Psychosoziale Notfallversorgung des BRK Dachau den Betroffenen – PSNV (B). Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter der Leitung von Sabrina Karlstetter sind speziell ausgebildet, um Menschen, die in den ersten Stunden nach einem plötzlichen Schicksalsschlag unter einer starken seelischen Belastung stehen, zu betreuen.
Doch wer ist für die Notfall- und Rettungssanitäter des Roten Kreuzes da, wenn sie Anzeichen einer psychischen Belastung aufweisen? Mit der PSNV (E), der Psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte, hat der Kreisverband Dachau ein ausgebildetes Team, das für Kolleginnen und Kollegen da ist, wenn diese berufsbedingt seelisch belastet sind.
Christian Pelz leitet dieses Team. Er ist Leiter der Rettungswache in Markt Indersdorf. Pelz sagt: „Dieses Thema lag mir schon immer sehr am Herzen.“ In seiner Ausbildung zum Wachleiter war der Aufbau der Psychosozialen Notfallversorgung für die Rettungsdienstmitarbeiter ein Teil seiner Abschlussarbeit. Seit Mitte 2021 beschäftigt er sich damit. Er wählte Kolleginnen und Kollegen aus, organisierte Lehrgänge und baute Strukturen auf.
Nicht nur ein Einzelereignis, wie beispielsweise ein Einsatz wegen plötzlichem Kindstod oder ein Unfall mit sehr vielen Verletzten und Toten, kann zur psychischen Belastung werden.
Es kann auch an einem anhaltend hohen Stresslevel liegen. „Wenn man in einem Monat auf mehrere Verstorbene trifft, ist das vielleicht der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“, so Pelz. „Wenn sich dann ein Kollege auffallend verhält, zum Beispiel nervös oder gereizt oder sehr müde ist, weil er Schlafstörungen hat, dann sprechen wir ihn an und sind für ihn da.“
Der Leiter Rettungsdienst, Martin Noß, betont: „Uns ist es wichtig, nach psychisch belastenden Einsätzen für das Wohl unserer Einsatzkräfte zu sorgen.“ Noß kennt solche Situationen aus eigener Erfahrung: „Wir haben einen Buben mit einem Krampfanfall versorgt. Das Kind war etwa genauso alt wie mein eigener Sohn. Wir konnten das Kind retten, aber der Einsatz hat mich noch sehr lang beschäftigt.“
Es können aber auch extreme Brutalität oder schlimme soziale Verhältnisse sein, die einen Rettungs- oder Notfallsanitäter innerlich nicht mehr zur Ruhe kommen lassen. Noß berichtet: „Alte Menschen, die völlig vereinsamt sind, oder eine Familie, die so verarmt ist, dass es für nichts mehr reicht.“ Es sind die verschiedensten Dinge, die plötzlich eine psychische Belastung auslösen können. Die anfängliche Grundausbildung zur PSNV (E) für Einsatzkräfte ist dieselbe wie für die PSNV (B) für Betroffene. Der weiterführende Fachlehrgang ist auf die jeweilige Zielgruppe ausgerichtet. Der BRK Kreisverband Dachau geht damit vorbildlich um. Christian Pelz berichtet: „Leider ist die PSNV bei vielen anderen Rettungsdiensten noch kein Standard. Uns ist es außerdem sehr wichtig, dass wir Kolleginnen und Kollegen aus den eigenen Reihen ausbilden. Denn dann können wir auf jede Veränderung sofort reagieren.“ Eine Vernetzung und die Zusammenarbeit der PSNV (E) mit der PSNV (B), also dem Kriseninterventionsteam unter der Leitung von Sabrina Karlstetter, und den anderen Rotkreuzgemeinschaften, wie beispielsweise der Wasserwacht, hält er für sehr wichtig.
Der BRK-Kreisgeschäftsführer Dennis Behrendt betont: „Wir haben sehr motivierte Einsatzkräfte, die unseren Kreisverband nach außen und auch nach innen immer wieder voranbringen. Psychische Gesundheit ist mir dabei persönlich ein großes Anliegen, denn das macht uns als BRK so stark und leistungsfähig.“ Auch dem BRK-Kreisvorsitzenden Bernhard Seidenath liegt eine stabile und gesunde Psyche der Mitarbeitenden sehr am Herzen. Er sagt: „Psychische Erkrankungen bedürfen unserer Aufmerksamkeit ebenso wie die somatischen, also körperlichen Erkrankungen. Deshalb unterstütze ich die Aus- und Weiterbildung der Einsatzkräfte in diesem Bereich sehr und aus voller Überzeugung. Die Mitarbeitenden sind Tag für Tag einer hohen Belastung ausgesetzt. Der Welttag für psychische Gesundheit hat deshalb auch für uns als Rotes Kreuz eine hohe Bedeutung.“