Haimhausen – Seit 30 Jahren überbrückt der Helfer vor Ort (HvO) in Haimhausen die Zeit bis der Rettungswagen kommt. Mit einem Fest für die Bürgerinnen und Bürger, mit anderen HvO-Gruppen und befreundeten Hilfsorganisationen feierte die ehrenamtliche Gruppe dieses große Jubiläum.
Der Nachmittag gehörte den Bürgerinnen und Bürgern. In einem Behandlungszelt konnten sie die stabile Seitenlage ausprobieren und sich an einer Herz-Lungen-Wiederbelebung versuchen. Ein Rettungswagen stand zur Besichtigung bereit und die 1. SEG Dachau präsentierte sich mit dem GW-San, dem Einsatzfahrzeug im Katastrophenschutz. Es gab zu Essen und zu Trinken und eine Familien-Rallye mit Fragen und Aufgaben rund um den HvO, die BRK-Bereitschaft Haimhausen und das BRK. Trotz der großen Hitze waren viele Besucher gekommen, um sich zu informieren und sich mit den Helferinnen und Helfern auszutauschen. BRK-Kreisvorsitzender Bernhard Seidenath, BRK-Kreisgeschäftsführer Dennis Behrendt und Kreisbereitschaftsleiter Reinhard Weber betonten dabei, wie wichtig das Ehrenamt als Stütze des Roten Kreuzes ist, und auch Landrat Stefan Löwl stattete einen Besuch ab.
Beim abendlichen Festakt dankte Iris Rempis, seit Januar Bereitschaftsleiterin in Haimhausen, ihren sechs HvO-Mitgliedern. Sie sagte: „Sie verzichten auf Schlaf, um andere zu retten.“Bürgermeister Peter Felbermeier schloss sich an: „Rund um die Uhr leisten Sie Hilfe im Ehrenamt, das nicht planbar ist.“ Der BRK-Kreisvorsitzende Bernhard Seidenath würdigte den permanenten Einsatz für die Mitmenschen: „Seit 30 Jahren retten sie Leben, sofort, wenn ein Hilferuf kommt. Das ist eine großartige und unschätzbar wertvolle Leistung!“ Er erinnerte an die Gründung des HvO am 1. Juli 1993 in Haimhausen. Der damalige Bereitschaftsleiter Peter Rückert und sein Kollege Andreas Lev hatten daran wesentlichen Anteil.
Seidenath ordnete den HvO in eine Reihe von Innovationen ein, die alle ihren Ausgangspunkt im BRK-Kreisverband Dachau genommen hatten und auf seinen Vorvorgänger Ekkehard Dehn zurückzuführen waren: Das Rendezvous–System, eine revolutionäre und bis heute übliche Einsatztaktik, bei der sich Notarzt und Rettungswagen erst am Einsatzort treffen, oder der Einsatz von Motorrädern für schnellere Hilfeleistung. „Das war und ist auch das Ziel des HvO: Es geht darum, das therapiefreie Intervall möglichst kurz zu halten“, erläuterte Seidenath. Peter Rückert, bis 2017 Bereitschaftsleiter in Haimhausen, war von der Idee sofort überzeugt. Er berichtete: „Ich hatte ein Buch über Strategien beim Herzinfarkt gelesen und der HvO war für mich die Lösung, um im Notfall schnellstmöglich da zu sein.“ Das System bewährte sich, denn mit dem HvO gelingt es, bei Notfällen deutlich schneller an den Einsatzort zu kommen als Rettungswagen und Notarzt.„Anfangs sind wir noch mit unseren Privatautos zum Unfallort gefahren. Wir hatten kein Handy, kein Funkgerät und kein Blaulicht. Alle Anrufe kamen über die Leitstelle herein und wir wurden mit dem Piepser alarmiert“, so Rückert. Der HvO in Haimhausen war nicht nur der erste im Dachauer Landkreis mit einer offiziellen Anbindung an die Rettungsleitstelle, sondern gleichzeitig auch der erste HvO in Bayern. Zwischenzeitlich haben HvO und First Responder Eingang in das Rettungsdienstgesetz gefunden. Harry Tettinger, der Peter Rückert als Bereitschaftsleiter nachfolgte, bestätigt, wie wichtig er in einem Notfall ist: „Bis der Notarzt eintrifft, ist der HvO für den Patienten ein psychologischer Anker. Er weiß, jetzt ist Hilfe da, beruhigt sich und die Vitalwerte stabilisieren sich wieder.“
Der HvO Haimhausen ist pro Woche 84 Stunden im Einsatz. Er deckt über das gesamte Gemeindegebiet von Haimhausen unter anderem auch Ampermoching ab. Bereitschaftsleiterin Iris Rempis schätzt das Miteinander. „Wir unterstützen uns gegenseitig und fangen einen Einsatz auf, wenn ein Kollege mal keine Zeit hat.“ Ihr Ziel ist es, den HvO noch stärker zu besetzen. Ihr Wunsch für die Zukunft: „Jeder, der HvO fährt, sollte eine Grundkurs in der Psychosozialen Notversorgung absolvieren. Für sich selbst, aber auch für die Betroffenen.“