Wenn ein Kind barfuß in den Winterstiefeln steckt, nicht gefrühstückt und auch kein Pausenbrot dabeihat, und wenn es dazu noch entwicklungsverzögert ist, dann sind das Alarmzeichen, dass eine Familie existenziell arm ist und das Kind vernachlässigt. Auf dem Neujahrsempfang des BRK Dachau für rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den eigenen Kindertagesstätten schilderte Johanna Hofmeir, Leiterin der Einrichtung Lichtblick Hasenbergl, in einem beeindruckenden Vortrag die große Not von Kindern aus sozial schwachen Familien. Kinder aus prekären und bildungsfernen Verhältnissen stehen wegen anhaltender finanzieller Sorgen, ungesunder Lebensführung und beengtem Wohnraum unter Dauerstress. „Wenn in einer Dreizimmerwohnung 13 Personen leben, ist kein Platz um sich zu bewegen. Das Kind wird dann mit einem Keks vor den Fernseher gesetzt und kann sich motorisch und sprachlich nicht entwickeln“, berichtete Hofmeir. Schon im vergangenen Jahr stand der Neujahrsempfang für das Betreuungspersonal aus den BRK-Kindertagesstätten unter dem Zeichen der Kinderarmut und ihren gesellschaftlichen Ursachen. Auf einer Fachtagung im Mai wurde das Thema vertieft. Nun war es dem BRK-Kreisgeschäftsführer Paul Polyfka wichtig, die Armut von Kindern auch aus der Alltagspraxis heraus zu beleuchten. „Unsere 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen in elf Einrichtungen 1.100 Kinder, darunter auch Kinder aus sozial schwachen Familien. Diesen wollen wir mit geschultem Personal und gezielten Angeboten helfen“, so Polyfka. In Zusammenarbeit mit Johanna Hofmeir soll auch heuer wieder eine Fachtagung zu diesem Thema stattfinden.
Die Erzieherin und Sozialpädagogin Johanna Hofmeir gründete 1993 die Einrichtung Lichtblick Hasenbergl, um die Lebenschancen von benachteiligten Kindern und Jugendlichen im sozialen Brennpunkt Münchens nachhaltig zu verbessern. Derzeit werden dort 200 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen einem und 25 Jahren intensiv betreut und gefördert, bis zum sicheren Einstieg in den Beruf. Dass die intensive Betreuung fruchtet, belegen die Erfolgszahlen von Lichtblick. 40 Prozent der betreuten Jugendlichen sind in einer Ausbildung, weitere 32,5 Prozent haben die Ausbildung abgeschlossen und weitere 12,5 Prozent besuchen eine weiterführende Schule.
Was die BRK-Kinderhäuser anlangt, kann Paul Polyfka auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. In Hebertshausen wurde das Kinderhaus „Weltentdecker“ eröffnet und in Karlsfeld der Kindergarten „Zwergerlstube“ und der Hort „Mooshüpfer“ renoviert. In Vierkirchen der Kinderhort „Wirbelwind“ eingeweiht und in der „Kindergarten-Initiative“ von Radio Gong 96,3 der Kindergarten „Flohzirkus“ für Renovierungsarbeiten ausgewählt. Das Aufgabenfeld Kinderbetreuung wurde vor 27 Jahren in den BRK-Kreisverband Dachau aufgenommen. Der stellvertretende BRK-Kreisvorsitzende Hans Ramsteiner erläuterte: „Unser Kreisverband war damals Pionier. Seitdem ist dieses Aufgabenfeld enorm gewachsen.“ Das BRK Dachau betreibt im Dachauer Landkreis elf Kinderhäuser, von denen einige, wie beispielsweise in Karlsfeld, bis zu vier Einrichtungen vereinen. Dieses Wachstum solle beibehalten werden, betonte Paul Polyfka. 2020 wolle das BRK Dachau weitere Kitas aufnehmen. Bei aller Expansion stehe die Mitarbeiterzufriedenheit an erster Stelle, denn nur so sei eine Qualitätssicherung zu gewährleisten, so Polyfka. „Unsere 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten im Jahr 1,6 Millionen Betreuungsstunden. Das ist eine beeindruckende Leistung“, betonte der Kreisgeschäftsführer. In diesem Sinne würdigte Hans Ramsteiner die Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen auch als Aushängeschild des Kreisverbandes und Scharnier zwischen Eltern, Kindern und Gesellschaft: „Mit Ihrer Kompetenz, Tatkraft und Flexibilität schaffen Sie eine Entlastung für die Eltern und das ist Gold wert.“